Herrschaftsfreie Basisgewerkschaft – Österreichische Sektion der IAA

Das Tüwi zahlt endlich!

In ArbeiterInnenkämpfe Ö, Arbeitsrecht, Gastronomie, Solidarity on 18. März 2023 at 18:45

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Nach mehr als einem Jahr Arbeitskampf hat das Tüwi endlich beschlossen, einer unrechtmäßig entlassenen Arbeiter*in eine außergerichtliche Vergleichssumme zu zahlen. Doch das ist erst der Anfang.

Seit über einem Jahr protestiert eine Gruppe von Beschäftigten des Tüwis gegen die unerträglichen Zustände, in denen sich der Verein sowie die Tüwi-Küche und das Beisl befinden. Die Hauptforderungen waren die Anhebung der Löhne auf das gesetzliche Minimum und dass die ArbeiterInnen das Trinkgeld behalten können (bis September 2022 verdienten die ArbeiterInnen im Tüwi nur 8 Euro pro Stunde und bis heute können sie das Trinkgeld nicht behalten).

Darüber hinaus haben die ArbeiterInnen von der Führung des Vereins mehr Rechenschaft und Transparenz gefordert. In der Tat haben der derzeitige Geschäftsführer und andere Koordinations-Personen Mitglieder des Vereins von der Überprüfung der Finanzen ausgeschlossen und gleichzeitig abweichende Meinungen systematisch zum Schweigen gebracht und ausgegrenzt. Obwohl das Tüwi angeblich über eine entsprechende Satzung verfügt, wurde die Entscheidungsfindung des Kollektivs wiederholt von einer kleinen Gruppe von Personen in Machtpositionen außer Kraft gesetzt.

Im September 2022 wurde eine der am meisten in den internen Konflikt involvierten Personen einseitig vom Tüwi-Geschäftsführer entlassen. Als Grund gab er ausdrücklich an, dass die Person „zu viel Ärger“ mache und dass er nicht wolle, „dass das Tüwi ein zweites Gagarin wird“.

Obwohl das Tüwi und das Gagarin sehr unterschiedliche Strukturen haben, sind sie beide kommerzielle Orte, die auf einem Ideal kollektiver Werte und Solidarität beruhen. Sie „verkaufen“ einen Raum, in dem die Leute gerne ihr Geld ausgeben, weil sie glauben, dass es nicht an einen großen kapitalistischen Konzern geht, und in dem sie ohne finanziellen Druck abhängen können, weil die Preise für Essen und Getränke niedrig sind.

Das Problem ist, dass beide Orte nicht in der Lage sind, ihren Standards gerecht zu werden oder gar Selbstkritik zu üben. Zwielichtige Machtstrukturen sind ein Teil des Problems, das intern gelöst werden muss. Der andere Teil ist, und da führt kein Weg dran vorbei, dass die Menschen für ihre Arbeit fair bezahlt werden müssen!
Die vom Gesetzgeber erlassenen Standards sind das absolute Minimum zum Überleben. Wir als AntikapitalistInnen sollten weit mehr anstreben und das sollte auch innerhalb der linken Szene klar sein.

Da sich der Tüwi-Geschäftsführer endlich dazu entschlossen hat, die gesetzlichen Mindeststandards einzuhalten, hat das WAS keine Kampagne wie im Fall Gagarin gestartet. Tatsächlich ist es nicht das Ziel des WAS, linke Räume in Wien zu zerschlagen, die wir schätzen und in denen wir einen Wert sehen (siehe z.B. die Unterstützung des Tüwi durch WAS im Jahr 2018).

Das Ziel des WAS ist es, ArbeiterInnen in ihren materiellen Bedingungen zu unterstützen und die ökonomische Ausbeutung, die marginalisierte Menschen an ihren marginalisierten Positionen hält, deutlich zu machen.
Wir sind eine anarchosyndikalistische Gewerkschaft: Wir bekommen kein Geld und/oder Ansehen durch die Austragung von Arbeitskämpfen, wir alle stecken unsere freie Zeit und Energie in unser gegenseitiges Hilfsnetzwerk und der einzige Grund, warum das WAS in diese Auseinandersetzungen involviert ist, ist, dass die betroffenen ArbeiterInnen, die im WAS organisiert sind, ihre Situation selbst in die Hand genommen haben, um sie zu verändern.
Es ist an der „Wiener Linken Szene“, von diesen Räumen Verantwortungsübernahme zu verlangen, und es liegt an den Räumen selbst, ihre Strukturen zu ändern und die Ausbeutung der ArbeiterInnen zu beenden.

Flyer über Arbeitsrechte im Tüwi vom 11. November 2022

Schließlich hat sich der Tüwi-Geschäftsführer bereit erklärt, außergerichtlich 3.000 Euro zu zahlen, bei denen es sich um nicht gezahlte Löhne (z.B. durch Nichteinhaltung des Mindestlohns, unbezahlter Urlaub, unbezahlter 13. und 14. Lohn), plus 5 Monate Kündigungsentschädigung für die fristlos entlassene ArbeiterIn, handelt.

Aber der Kampf der Tüwi-Beschäftigten ist noch nicht vorbei. Immer mehr Tüwis starten Aktionen gegen die Geschäftsleitung, weil die internen Strukturen, die immer autoritärer werden, keine demokratische Entscheidungsfindung und Meinungsäußerung zulassen.
Das WAS wird auch weiterhin klassensolidarisch mit den kämpfenden ArbeiterInnen im Tüwi bleiben und ihre Aktionen unterstützen.

Es gibt keine “Integration” durch wirtschaftliche Ausbeutung!

Ihr könnt die kämpfenden Arbeiter*innen unter tuewi-workers-united@riseup.net kontaktieren.

Flyer über Arbeitsrechte im Tüwi vom 11. November 2022 (als PDF)

Veröffentlicht am WAS-Blog am 18. 03. 2023. Kopieren mit Quellenverweis möglich.

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