Herrschaftsfreie Basisgewerkschaft – Österreichische Sektion der IAA

LeFirin/CSC – die fleischgewordene Chuzpe

In ArbeiterInnenkämpfe Ö, Gastronomie, sonstiges Recht on 21. April 2024 at 00:50

Unser wirklich zäher und langer Arbeitskampf bei der Firma LeFirin/CSC hat weitere dramatische Wendungen genommen.

Wie wir vor einem Jahr berichtet haben, wurde vom WAS eine Mahnklage beim ASG eingebracht und wir haben einen vollstreckbaren Zahlungsbefehl für eine Kündigungsentschädigung beim Arbeitsgericht erwirkt. Da die Firma die offenen Lohnbestandteile daraufhin weiter nicht zahlen wollte, hat das WAS auch eine Exekution durch das Gericht bewilligt bekommen. Ab Juni 2023 war dann also der Gerichtsvollzieher mehrfach bei LeFirin und hat einen kleinen Teil unser Forderungen exekutiert.

In der Zwischenzeit wurde die Filiale in der Operngasse aufgelassen, und LeFirin in der Währingerstraße in d‘erin umbenannt. Ücler beim Aumannplatz ist normal unter dem Namen wie eh und je weitergelaufen – bis heute.

Im Oktober dann der Knalleffekt. CSC meldet Insolvenz beim Handelsgericht an. Alle Zahlungen/Exekutionen etc. sind gestoppt. Den Großteil der Forderungen hatten wir ja noch nicht einmal eingeklagt.

Ab dann fanden wir uns in einem komplett anderen Paralleluniversum, … Insolvenzen und Konkurse sind ja – polemisch formuliert – staatlich formalisierte „Pech-gehabt-Situationen“. Zwar sollten HacklerInnen durch den Insolvenzentgeltfonds geschützt sein, jedoch durften wir auch diesbezüglich erfahren, daß dies nur für die offenen Forderungen aus den letzten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses gilt. Auch die Zusammenarbeit mit dem „Insolvenzschutzverband der ArbeitnehmerInnen“ ISA, einem Verein von ÖGB und AK, gestaltete sich bislang als sehr anstrengend und überproportional aufwendig. Zwar gibt es eine gewisse Grundsolidarität, die aber schön durch „sozialdemokratische paternalistische Verwaltung“ konterkariert wird. So macht beispielsweise die Anwaltskanzlei die der ISA bezahlt, die eigentlich eine unserer Genossinnen vertreten sollte, bisweilen nur das was die AK/ISA ihr zurückmeldet und ignoriert uns, bis wir das nächste mal forsch intervenieren, …

Das Beste ist aber der Move des Geschäftsführers von LeFirin. Er hat die Firma CSC (eine damalige Abkürzung seines und dem Namen seiner Frau) ja mitgegründet. Über das Insolvenzverfahren kommen jetzt langsam – Stück für Stück – neue Unglaublichkeiten zu Tage. Leider ist die Insolvenzverwalterin auch sehr widerborstig zu uns, und nicht besonders hilfreich.

1.) Unsere letzte Information ist, daß es um 1,3 Millionen Euro Forderungen an CSC geht! Wir fragen uns wie so eine Dimension mit 3 Aufbackgeschäften entstehen kann, … auch wenn wir von einer Zweistelligen Anzahl an nicht korrekt bezahlten HacklerInnen wissen, so eine Größenordnung ist für unser Dafürhalten echt jenseitig, …

2.) Die Firmenbesitzerin hat sich angeblich vom Geschäftsführer getrennt. Das Geschäft in der Währingerstraße wurde umbenannt, der Geschäftsführer hat eine neue LeFirin-Filiale am Rochusmarkt eröffnet. Diesmal nicht mit seiner (Ex-)Frau sondern seiner Mutter als offizielle Eigentümerin. Die Namensrechte und das Corporate Design an LeFirin sind anscheinend kostenfrei an ihn übergeben worden.

3.) Die Ücler-Filiale wurde, was uns extrem dubios vorkommt, „an die Hausverwaltung zurückgegeben“. Das sind alle Informationen die wir verbal über die Masseverwaltung erhalten konnten. Kurz darauf ist der ehemalige und gleichzeitig neue Geschäftsführer aufgetaucht und hat sie – wieder kostenfrei – übernommen. Was bitte soll in Bezug auf ein Aufbackgeschäft „an die Hausverwaltung zurückgegeben“ (einige Monate vor der Insolvenzanmeldung), bedeuten?

4.) Der alte/neue Geschäftsführer ist also weiterhin Geschäftsführer der Ücler-Filiale und einer LeFirin Filiale, … wie gehabt. Die alte LeFirin-Filiale um die es bei uns hauptsächlich ging, wurde mit derzeit 1,3 Millionen Miese in Insolvenz geschickt, und dieser Verlust soll vergesellschaftet werden. Der sogenannte Insolvenz-Entgelt-Sicherungs-Zuschlag ist ja Teil der Sozialversicherungsbeiträge die Dienstgeber für die jeweiligen ArbeiterInnen zahlen. Er wird an der Beitragsgrundlage für das konkrete Arbeitsverhältnis bemessen. Es handelt sich also um einen Teil der oft beschworenen „Lohnnebenkosten“ was eigentlich nur ein rhetorischer Trick ist, um die Wertschöpfung durch HacklerInnen zu verwässern. Diese Beiträge wurden übrigens Anfang 2022 von 0,2% auf 0,1% gesenkt, also um die Hälfte gekürzt.

5.) Auch aus der neuen LeFirin-Filiale haben uns schon wieder zwei HacklerInnen kontaktiert, daß die vereinbarte Entlohnung angeblich nicht korrekt ausbezahlt wird.

Uns hat es jedenfalls vor ein paar Wochen gereicht und wir haben 10 eingeschriebene Briefe an Finanzamt, ÖGK, Gericht usw. verschickt, in denen wir über unseren Verdacht (es gilt die Unschuldsvermutung), den es zu ergründen gilt, informieren. Der rechtliche Fachterminus diesbezüglich, trägt – zu unserer Erheiterung – den Namen:

Familia Suspecta

„Unserer Rechtsansicht nach, liegt bei CSC (FN 425431i) ein Fall von „Vermögensverschleuderung“ und „Begünstigung eines Familienangehörigen“, sowie womöglich auch „Benachteiligungsabsicht“ und „Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung“ vor.“

sowie weiter:

„Unserer Einschätzung nach liegen mit der „Übertragung der Markenrechte an LeFirin“ und „Rückgabe der (Anm.: weiterhin gut laufenden) Ücler-Filiale“ zwei laut § 29 Insolvenzordnung anfechtbare vorgenommene Rechtshandlungen vor.“

Wir werden sehen wie sich die Causa weiter entwickelt. Das System jedenfalls ist keinesfalls für die HacklerInnen gemacht. Sie sind die Leidtragenden, und sofern unorganisiert, einfach nur vollends ausgeliefert. Niemand kann so etwas alleine, insbesondere zumal es sich jeweils immer „nur“ um ein paar Tausend Euro handelt, durchstehen und durchfechten. Für uns als WAS ist der Fall exemplarisch, gleichsam ein Lehrstück der kapitalistischen Gesellschaft, und wir beteuern in Wort und Tat, daß wir einem Chef der unbeirrt – noch dazu mit einer derartigen Chuzpe – weiterhin ausbeutet, das auch langfristig nicht durchgehen lassen werden.

Veröffentlicht auf wiensyndikat.wordpress.com am 21. 4. 2024. Kopieren mit Quellenverweis möglich.

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