Hintergrundinformationen zum Konflikt
Bu metnin Türkçesi
Einer der Arbeitskonflikte, die wir im WAS gerade führen, ist jener mit der Aufback-Kette Le Firin. Diese kleinere Wiener Firma hat zwei Filialen namens Le Firin, einmal in der Operngasse und einmal in der Währinger Straße im 9. Bezirk, sowie die „Bäckerei Ücler“ im 18. Bezirk. Alle sind im Besitz der CSC Gastro & Trade e.U.
Zwei unserer GenossInnen haben dort gearbeitet und Unglaubliches erlebt, beispielsweise die Einstellung jeglicher Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Wir haben schon Anfang April „einen vorzeitigen berechtigten Austritt“ aufgrund von „Ungebührlichem Vorenthalten von Bezügen“ durchgesetzt. Auch die zweite Kollegin hat schon lange gekündigt.
Bereits Ende April haben wir der Besitzerin der CSC einen ausführlichen Brief geschickt und darauf hingewiesen, daß wir im Betrieb Probleme in folgenden Bereichen sehen:
- zu späte Anmeldung bei der Sozialversicherung
- Fehlen von Dienstverträgen
- Fehlen von Lohnzetteln
- Fehlen von Dienstplänen
- fehlende Auszahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld
- fehlende Lohnfortzahlung im Krankenstand
- Drängen der Mitarbeiterinnen zu Blankounterschriften
- gefälschte Unterschriften
- unbezahlte Anrufe in Freizeit und Urlaub (unbezahlte Rufbereitschaft)
- allgemeine Mis- und Desinformation der Mitarbeiterinnen
- unvollständige Ausbezahlung der Trinkgelder
- fehlende Ausbezahlung von Feiertagszuschlägen
- unzulängliche Ausbezahlung der Mehrarbeitsstunden
- Mobbing, Beleidigung
- Gefährdung der öffentlichen Gesundheit sowie Missachtung der Fürsorgepflicht gegenüber MitarbeiterInnen
- fehlende Lohnfortzahlung während Covid-19-Absonderung
- illegale Überwachung am Arbeitsplatz
- fehlende Arbeits- und Entgeltbescheinigung
- Verstoß gegen Hygienevorschriften
Angeboten haben wir alle offenen Lohnbestandteile, die Kündigungsentschädigung für den berechtigten Austritt plus zwei Abgangsentschädigungen (eine Zahlung die sämtliche Ansprüche abgilt um auch Verfahren vor dem Arbeitsgericht in Zukunft auszuschließen) als außergerichtliche und simple endgültige Lösung. Wir hätten uns also für insgesamt knapp über 11.000 Euro netto mit der Firma „verglichen“.
Nachdem dieser Brief großteils ignoriert wurde, hat das WAS dann vor zwei Wochen drei kleine „Warnkundgebungen“ gleichzeitig vor allen Filialen abgehalten. In der Zwischenzeit wurde auch eine kleine Teilzahlung von rund 1800 Euro geleistet. Nach der Ankündigung der größeren Demonstration am kommenden Sonntag haben wir dann Le Firin diese Wochen nochmals telefonisch kontaktiert, um zu sehen ob es nicht doch zu einer gütlichen Lösung für die weiterhin offenen Beträge kommen könnte. Der Geschäftsführer hat uns dann für den gestrigen Feiertag zu sich eingeladen, um die ganze Angelegenheit zu besprechen. Dieses Gesprächsangebot haben wir wahrgenommen, und sind mit zwei WAS-Mitgliedern zu Le Firin gegangen.
„Besprechen“ hat dann aber über sechs Stunden sehr anstrengende Verhandlungen mit dem Geschäftsführer und vier seiner Mitarbeiterinnen bedeutet. Wir sind bis nach 11 Uhr Nachts zusammengesessen und haben jedes Problemfeld ausführlichst besprochen. Zwischendurch auch kleine Showeinlagen wie die Vorführung einer Backblechbestückung mit gefrorenen Teiglingen erhalten. Eigentlich dachten wir, daß wir ein halbwegs respektvolles und wenn auch von unterschiedlichen Klasseninteressen geprägtes Gespräch führen und doch auch einen wertschätzenden Umgang miteinander haben. Deshalb haben wir am Ende gestern Nacht dann auch zugestimmt, einen Vorschlag von einer Zahlung von insgesamt 6100,- Euro an die beiden betroffenen Kolleginnen weiterzutragen.
Heute hat sich dann herausgestellt, daß es bei den Verhandlungen gestern sehr viele manipulative Elemente gegeben hat. Um euch nur ein Beispiel zu nennen; als Erklärung für die verspäteten Anmeldungen bei der Krankenkasse, hat der Geschäftsführer gemeint, daß die Kollegin doch noch keine Arbeitserlaubnis hatte, und trotzdem sofort zu arbeiten beginnen wollte, was wir grundsätzlich akzeptieren hätten können. Bei Nachfrage hat sich dann aber heute herausgestellt, daß die Kollegin gar keinen Arbeitserlaubnis braucht, und damals schon nach kurzer Zeit um ihre korrekte Anmeldung gefragt hat und der Chef immer schon im Bilde war, …
Zudem hätten die KollegInnen unglaublich vielen Zusatzvereinbarungen zustimmen sollen und dies hätte viele unterschiedliche schriftliche Verträge bedeutet. Bis hin dazu, daß die die KollegInnen sich dazu verpflichten hätten sollen, einen WAS-Artikel über eine gütliche Einigung über irgendwelche vom WAS unabhängigen Social Media-Kanäle zu verbreiten. Eine Gewerkschaft ist aber nicht dazu da, das Erscheinungsbild einer Firma zu reparieren, das sie selber durch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse erzeugt hat.
Wir haben daher das Angebot abgelehnt, verlangen die ursprüngliche Summe, und rufen noch mehr als zuvor zur Teilnahme an der ersten größeren Demonstration am Sonntag auf. Wir bleiben aber grundsätzlich gesprächsbereit, und wenn Le Firin bereit ist, den ganzen Betrag zu zahlen, können wir uns auch weiterhin eine außergerichtliche Einigung vorstellen. Dem Chef bei Le Firin, der uns heute eine „Anzeige wegen Unterdrucksetzung“ angekündigt hat, haben wir nochmal erklärt, daß es die ureigenste Aufgabe von Gewerkschaften ist, für die Interessen ihrer Mitglieder Druck aufzubauen. Und das werden wir ab jetzt bei Le Firin auch machen, bis Le Firin zahlungsbereit ist und uns neuerlich kontaktiert.
Notfalls sehen wir uns auch vor dem Arbeitsgericht wieder, was aber noch teurer für die Firma werden würde. Der Arbeitskampf ist hiermit eröffnet und wir stellen uns auf eine lange gewerkschaftliche Kampagne ein.
Kundgebung vor der
Währinger Straße 50-52
1090 Wien
Sonntag, 29. Mai, 12 bis 14 Uhr
Veröffentlicht am 27. Mai 2022 auf wiensyndikat.wordpress.com. Kopieren mit Quellverweis möglich.