Herrschaftsfreie Basisgewerkschaft – Österreichische Sektion der IAA

Arbeitskampf Secession – erfolgreiche Auftaktkundgebung

In ArbeiterInnenkämpfe Ö, Kunst/ Kultur on 20. November 2021 at 17:30

Erfreulich hohe Beteiligung an der Demonstration am 19.11. während der Ausstellungseröffnung

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Foto: WAS

Nachdem uns die Geschäftsführung der Vereinigung bildender KünstlerInnen am Mittwoch, den 10. November darüber informiert hat, daß sie ein paar kleine Zugeständnisse machen wird, (die jedoch nicht einmal das Minimum an arbeitsrechtlichen Verpflichtungen beinhalten,) hat sie weitere Verhandlungen quasi ausgeschlossen. In Folge wurde die letzten zehn Tage dann Informationszusagen nicht eingehalten, unser Schreiben auf Nachbesserungen ignoriert und unsere Deadline nicht ernst genommen. Wir haben Mittwoch Nachmittag noch zwei mal telefonisch nachgefragt, ob das wirklich in vollem Bewusstsein passiert – und „ja, wir sollen halt demonstrieren“, wie uns schon zuvor mitgeteilt wurde, „wir sollen halt zum Arbeitsgericht gehen, wenn wir glauben, daß uns mehr zusteht“, …

Also haben wir uns entschieden während der Ausstellungseröffnung am 19.11. das p.t. interessierte Kunstpublikum über die Vorgänge in der Secession zu informieren.

Angezeigt haben wir die Kundgebung für 10 Menschen, gekommen sind über 70

Diese unerwartet starke Beteiligung an der Kundgebung gegen die ausbeuterischen Zustände zeigt uns, daß wir einen Nerv getroffen haben. Die prekären Lebensumstände der ArbeiterInnen im Kunstbereich sind für Viele eine schwer erträgliche Realität. Es scheint, daß jene – nicht zur monetär gut situierten Kunst-Schickeria Gehörenden – gehörig die Nase voll haben.

Foto: WAS

So sind dann, statt der erwarteten Menschen, richtig Viele zur Kundgebung erschienen, um gegen die Behandlung der Schwächsten in der Secession zu demonstrieren. Umso erstaunlicher, da die Entscheidung, die Kundgebung am Freitag durchzuführen, erst in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag gefallen ist. Schön war, daß sich das Secessions-Publikum mit der Kundgebung vermischt hat, und sich wirklich alle Anwesenden mit den Inhalten beschäftigt haben. Ein paar wenige Schnösel waren sichtlich konsterniert und eine handvoll Verwirrte haben alles vielleicht zuerst für eine Kunstaktion selbst gehalten. Der überwiegende Teil der BesucherInnen hat die Zeit der Corona-Einlasskontrollen aber genutzt, um unsere Informationen aufmerksam zu lesen und Derer auch zu lauschen. Für Einige hat sich merklich auch ein Gordischer Knoten – Marke „Barrikaden und deren Seiten“ – im Hirn ergeben. Die Polizei ist gleich überhaupt nicht erschienen, was uns als AnarchistInnen ganz und gar nicht gestört hat und nur wiedermal gezeigt hat, daß auch so ein Kuddelmuddel an AusstellungsbesucherInnen, DemonstrantInnen und PassantInnen sich ordnungsmachtsfrei selbstorganisieren kann und in Wohlgefallen nebeneinander sein kann.

„Es gibt keinen Arbeitskampf“*, Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nicht zu sehen!, * Secessions-OTS 18.11.2021. Foto: WAS

Unser Haupttransparent „Es gibt keinen Arbeitskampf“ – Bitte gehen Sie weiter hier gibt es nichts zu sehen!“ war eine Persiflage auf die bizarre Presseaussendung der Secession vom Vortag, welche eine Antwort auf die WAS-Presseaussendung sechs Stunden zuvor darstellen sollte, jedoch eher als Präsentation der blank liegenden Nerven betrachtet werden muß. Gleichsam einer nicht-existenten Parallelrealität entsprungen, waren wir entgegen der Wahrnehmung in der Chefetage im ehrenwerten Haus, aber doch irgendwie ganz materialistisch vorhanden. Und die Probleme und der Arbeitskampf sind es ebenfalls.

… auch die Gefährtinnen vom Frauenstreik haben in Solidarität an der Kundgebung teilgenommen. Foto: WAS

So haben wir fast 500 Flugzettel auf Englisch und Deutsch an das Publikum der Ausstellungseröffnung sowie PassantInnen verteilt, sehr viele sehr gute Gespräche geführt und Kontakte geknüpft. Hervorzuheben ist, daß eine der ausstellenden Künstlerinnen aktiv auf uns zugekommen ist und sich ausdrücklich und proaktiv mit den Angestellten solidarisiert hat!

Beachtenswert fanden etliche KundgebungsteilnehmerInnen auch die Rede einer GenossIn. Wir haben die Kundgebung so lange fortgesetzt, bis jene drei betroffenen Kolleginnen, die an dem Abend Dienst hatten, wohlbehalten zu uns gestoßen sind.

Red‘ ma drüber?

Spannend ist, daß es schon Freitag Nachmittag ein vages Gesprächsangebot des neuen Vorstandes an alle(!) Beschäftigten der Secession gegeben hat. Dies werten wir als ersten Erfolg unserer anlaufenden Kampagne. Wir hoffen, daß der Vorstand auch tatsächlich die kommenden Wochen nutzen wird, um einerseits das Klima im Haus nachhaltig zu verbessern und andererseits um arbeitsrechtliche Minimalstandards herzustellen. Denn die bisherige Vorgangsweise, nachdem unsere Gewerkschaft vorstellig geworden ist, lieber Geld für AnwältInnen und Presseaussendungen beim Fenster hinaus zuwerfen, anstatt jahrelange Gratisarbeit mit ein paar Hundertern pro ArbeiterIn zu vergüten, war dann vielleicht doch nicht der Weisheit letzter Schluß?

Oder mach‘ ma so weiter?

Die Gewerkschaft WAS bleibt jedenfalls gesprächsbereit und wir hoffen auch, daß wir sowas wie gestern dann nach dem Lockdown nicht jedes Monat veranstalten müssen. Zwar wüßten wir mit unserer Zeit auch besseres anzufangen, aber wir sind, wie immer, bereit und wild entschlossen, Ausbeutung und Ungerechtigkeiten vollkommen unverhältnismäßig großen Aufwand entgegenzusetzen. Und wer sich nur ein klein wenig mit Anarchosyndikalismus beschäftigt, erkennt, daß wir es ernst meinen. Unser Zusammenhalt ist – in jedem möglichen Wortsinn – grenzenlos und unser Antrieb ist die tief verwurzelte Klassensolidarität. Der Kunstmarkt hingegen ist – wie alles im Kapitalismus – gewöhnlichen Kosten-Nutzenrechnungen unterworfen und insofern haben wir schon gewonnen.

Foto: WAS

Zum Weiterlesen:

Kundgebungsaufruf (DE/ EN) vom 17.11.2021
OTS-Presseaussendung WAS 18.11.2021
OTS-Presseaussendung Secession 18.11.2021
Artikel in der Kronen Zeitung Onlineausgabe 19.11.2021
Kurzmeldung in der Heute Printausgabe 19.11.2021, Seite 20
Flugblatt (DE/ EN) Kundgebung 19.11.2021
Redebeitrag Secessionsmitarbeiterin (EN) Kundgebung 19.11.2021
Redebeitrag WAS (DE) Kundgebung 19.11.2021
WAS-Portal zu diesem Arbeitskonflikt mit allen aktuellen Informationen

Artikel zuerst veröffentlicht am 20.11.2021 am WAS-Blog. Kopieren mit Quellverweis möglich.

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