Wenn eine Bankrotterklärung des ÖGB die Andere jagt
Der gestrige Abschluß des Handels-KV, dem der ÖGB in erster (!) Verhandlungsrunde zugestimmt hat, ist unserer Ansicht nach erbärmlich. Mit gerade 1,5 % Lohnerhöhung soll lediglich die Inflation abgegolten werden. Das dies nichteinmal annähernd der Realinflation, gerade für die unteren Einkommen, entspricht, haben wir schon öfters aufgezeigt.
Richtig peinlich wird es aber, wenn man sich die Lösung für die „Corona-Prämie“ ansieht. Dabei haben sich die SozialpartnerInnen darauf geeinigt, daß den UnterneherInnen empfohlen (!) wird, 150,- Euro in Worten „Einhundertfünfzig“, an die HacklerInnen auzuzahlen. Wir sprechen hier von den ArbeiterInnen, die wochenlang im März und April in plumper Nationalismuslogik als „HeldInnen der Nation“ betitelt und allabendlich beklatscht wurden. Also jene, die für die Supermarktketten einen riesen Gewinn eingefahren haben, bei über 20% Umsatzsteigerung. Der Themenverfehlung eines „Gewerkschaftsbundes“, der in einer historischen Situation, wo 95% der Menschen den Handelsangestellten wohlwollend wie nie zuvor gegenüberstehen, ist von unserer Seite nichts hinzuzufügen – sie spricht für sich selbst.
Daß im Handel auch Firmen tätig sind, die an der Exitenz schrammen, hat nichts damit zu tun, daß man die Konzerne mit maximiertem Gewinn aus der Verantwortung entlässt. Eine Regelung, die dies berücksichtigt hätte, wäre problemlos möglich gewesen – ganz abseits von „Empfehlungen“ des ÖGB, daß die Firmen mehr auszahlen sollten. Die BesitzerInnen und TeihaberInnen von Rewe, Spar, Hofer, Lidl und Co. lachen sich sicher gerade bucklig, …
Die Argumentationslinie mit den „armen Unternehmen“ zeigt aber auch eines sehr deutlich. Die Tendenz, daß Verluste vergesellschaftet werden und Gewinne privatisiert. Dies ist mittlerweile zur dauerhaften Struktur in unserem ökonomischen System geworden. Die Reichen sind ja auch bisher im Jahr 2020 nochmals überdurchschnittlich schneller noch reicher geworden als schon bisher.
Auch das Argument, daß im Handel so wenige Mitglied im ÖGB seien (um die 10%) ist natürlich Blödsinn. Denn der ÖGB hat auch klammheimlich die Proteste um den letzten SWÖ-Kollektivvertrag abgedreht und einem schlechten Abschluß für drei Jahre (!) zugestimmt. Und das während der breiten Proteste abertausender Sozialwirtschafts-HacklerInnen auf der Straße. Genauso hat er vor wenigen Wochen im MetallerInnen-Bereich, jenem der den gößten Organisierungsgrad überhaupt aufweist, einem unglaublich schlechten Abschluß von 1,45% abgenickt.
Eine Tatsache, die uns Allen noch auf den Kopf fallen wird, da der Metaller-KV historisch jener ist, an dem sich alle anderen Abschlüsse orientieren, …
Daß der ÖGB dermaßen peinlich sogar jene Bereiche, die sich gesundgestoßen haben an der Krise, davonkommen lässt, lässt nichts Gutes für die kommenden Kämpfe erwarten, wo die „Krise“ dann auch bezahlt werden soll. Nämlich wie immer von uns HacklerInnen, …
Das ist Klassenkampf von oben und der ÖGB ist Teil des Problems und nicht der Lösung.
Erstveröffentlichung am 22.10.2020 auf dem WAS-Blog, Kopieren mit Quellenverweis möglich.