Herrschaftsfreie Basisgewerkschaft – Österreichische Sektion der IAA

Autoritäres G‘schichtldruckn die X-te

In Repression, sonstiges Recht on 28. April 2020 at 12:54

Zur Versammlungsfreiheit in Zeiten von Covid-19

Heute Morgen, am 28. April 2020, hat die Österreichische Bundesregierung wiedereinmal eine ihrer unzähligen Pressekonferenzen gegeben. Dabei ging es unter Anderem um das Auslaufen der sogenannten „Ausgangsbeschränkungen im Zuge der Coronakrise“. Dabei war neben vielen weiteren kritikwürdigen Äußerungen diverser MinisterInnen ein zentraler Punkt von schlichten Falschmeldungen geprägt – der der Versammlungsfreiheit.

Versammlungsfreiheit war seit jeher eine zentrales Anliegen der ArbeiterInnenklasse. In vielen Gegenden der Welt wurde diese gegen die Herrschenden blutigst erkämpft und muß dies auch heute noch vielfach werden. Daher bestehen wir, auch als herrschaftsfreie SozialistInnen, die nicht auf das Zugestehen von Rechten bauen, darauf, daß dieses Verfassungsrecht in Österreich nicht eingeschränkt, beschnitten oder umgedeutet wird. Neben vielen vielen anderen Kritikpunkten, die die Regierung seit Wochen liefert, scheint in den letzten beiden Wochen die „Kommunikation“ dessen, was angeblich erlaubt, verboten oder untersagt wäre, auch bei breiten Bevölkerungsteilen als nicht mit den herrschenden Gesetzen vereinbar anzukommen. Da wird seit Beginn der Covid-19-Gesetzgebung von der Regierung etwas Anderes erzählt, als tatsächlich gesetzlich vorgeschrieben ist und das bei fast jeder Pressekonferenz oder jedem Interview. Vermutlich nicht aus Dilettantismus, sondern aus Machtkalkül, wie die jüngste mediale Debatte über das Protokoll der Regierung mit der „Corona-Taskforce“ und den Bereichen, über die sich die Bevölkerung ängstigen soll, gut aufzeigt.

Einer dieser Punkte die anders dargestellt werden als die gesetzliche Realität ist, ist heute die Versammlungsfreiheit gewesen. Diese war gesetzlich die letzten sieben Wochen niemals eingeschränkt und wurde dennoch immer als abgeschafft präsentiert. Heute hat der Innenminister neuerlich Unwahrheiten erzählt, die wir kurz genauer beleuchten wollen.

Und zwar hat er folgendes von sich gegeben: „Versammlungsfreiheit und die Gesundheit seien Grundrechte. Beide gilt es bei der Genehmigung von Demonstrationen abzuwägen“ – sowie auf journalistische Nachfrage zum Versammlungsrecht, was die Auflagen seien: „Mund-Nasen-Schutz und Abstand. Aber das obliege den Landespolizeidirektionen, die jede Anmeldung im Einzelfall prüfen.“

Die Sache ist nur, es gibt in Österreich weder eine Anmeldung von Versammlungen und Demonstrationen, noch Genehmigungen! Der Minister hat also einfach wieder einmal gelogen. Die im Versammlungsgesetz 1953 geregelten Kundgebungen und Demonstrationen werden den Bezirksverwaltungsbehörden bzw. in größeren Städten den Landespolizeidirektionen, sofern man 48 Stunden zuvor schon eine Versammlung plant, „angezeigt“ und nicht angemeldet. Das bedeutet, daß man dem Staat einfach mitteilt, daß die Demonstration stattfinden wird. Und das dürfen entgegen stadtläufigen Irrglaubens übrigens auch EU-AusländerInnen. Demonstrationen sind laut § 1 des Gesetzes grundsätzlich gestattet! Eine Genehmigung braucht es nicht und so Eine existiert auch überhaupt nicht! Die Polizei kann Versammlungen nur wegen erheblichen Gründen untersagen.

Die Termini „anmelden“ statt „anzeigen“ und „genehmigen“ statt „untersagen“ werden jedoch seit jeher von der Polizei selber verwendet, um den Behörden eine nicht existente „Erlaubnismacht“ anzudichten. Die Behörden können aber gar nichts erlauben oder genehmigen! Die Wortwahl selbst soll natürlich das Gegenteil suggerieren und viel zu viele Menschen glauben dies leider immer noch. Die Massenmedien spielen dabei auch mit und so wird das Wissen darüber, daß wir immer und überall demonstrieren können – auch unter GenossInnen – viel zu sehr verwaschen und gewollte Verunsicherung greift um sich.

Verunsicherung, die natürlich intendiert ist, denn die Behörden hätten gerne, wenn wir glauben, daß uns irgendwer erst das Demonstrieren erlauben müsse! Insofern wäre es gut, wenn wir uns bilden, in unserer Sprache präziser werden, jene Gesetze, mit denen sie uns beherrschen wollen, kennen und schließlich derart gestärkt eben nicht mehr jedes G‘schichtl, das man versucht uns reinzudrucken, glauben.

Erstveröffentlichung am 28.4.2020 auf dem WAS-Blog. Kopieren mit Quellenverweis möglich.

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  1. Geht’s euch wirklich gut? Habt ihr überhaupt begriffen, worum es geht? Zuerst werden Lügen über die Corona App verbreitet (Datenschützer haben bestätigt, dass es kein Tracking gibt!), jetzt redet ihr von Grundrechten? Habt ihr überhaupt mitbekommen, was in großen Teilen der Welt gerade geschieht? Offensichtlich nicht. Hätte die Regierung diese Maßnahmen nicht ergriffen, hätten wir wohl ähnliche Zustände, wie in Italien, Spanien, den USA, Belgien, Brasilien usw. Ich bin erstmals sehr stolz auf diese Regierung, wir werden ob unserer sehr guten Ausgangssituation bez. Rückkehr zu einer neuen Normalität gelobt, weltweit. Da klopft wohl die FPÖ im Hintergrund, anders kann ich mir das nicht vorstellen.

    • Hallo Gerhard!
      Wir möchten einfach wie erwachsene Menschen behandelt werden. Menschen brauchen keine (autoritären) Gesetze, um sich verantwortungsvoll zu verhalten, wie z.B. körperlichen Abstand einzuhalten im Öffenltichen Raum. Dazu reicht Information. Es ist auch gar nicht wahnsinnig, einmal die tatsächliche rechtliche Lage aufzuzeigen, wie wir es in diesem Artikel getan haben. Für ein Täuschen von Menschen sind wir nicht zuhaben.
      Als AnarchistInnen haben wir selbstverständlich nichts mit der FPÖ am Hut; im Gegenteil (siehe dzau auch unsere Artikel gegen die Schwarz-Blaue Regierung). Die Blauen nehmen ja oft einfach nur oppositionelle Haltungen ein, die keiner grundlegenden gesellschaftlichen Analyse folgen.

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